Der Bühnenraum als Kunstwerk
…oder wie titelte die Deutsche Welle?
„Architektur als Grundlage für Kunst.“
und bezog sich damit auf ausrangierte Fabrikhallen, die als Leinwand für Graffiti-Künstler genutzt werden, wie beispielsweise die frühere Papierfabrik Eberswalde.
Räume, Orte, „Lost places“ erzählen eine eigene Geschichte, über ihre eigene Zeitlichkeit, aber auch über die dortigen Handlungen und das Wirken von Menschen in Vergangenheit und Gegenwart.
Dies geschieht auf unterschiedliche Weise, wie ich in diesem Beitrag zeigen werde.
Bühnenbildmodelle
Ein Bühnenbild dient der Gestaltung des szenischen Raums. Es unterstreicht Handlung und Texte, kann aber auch im Widerspruch zu ihnen stehen, es kann überhöht sein oder karg.
Oft handelt es sich dabei um einen Nachbau oder um erfundene Orte, in den die Darstellenden agieren.
Die Nähe zur Bildhauerei und Malerei ist offenkundig. Hier liegt die Verbindung von bildender und darstellender Kunst sogar im Stück begründet:
Es können auch viele Räume aufgemacht werden.
Oder die Dimensionen verschieben sich.
„Fertige“ Bühnenbilder können dagegen ausrangierte oder ungenutzte Orte sein, oder umgenutzte Zweckbauten.
Ein Ort als Bühnenbild
Manche Orte eignen sich von sich aus schon als Bühnenbild.
Das Verlassen der Theaterhäuser ist aber keine Besonderheit der Neuzeit; schon immer wurde Theater in der Öffentlichkeit gespielt, z.B. auf Marktplätzen oder in auffälligen Landschaften.
Heute aber dient die Suche nach ungewöhnlichen Orten auch der Absicht, die Grenzen von Leben und Kunst zu überschreiten und damit die Trennung von Zuschauer- und Bühnenraum aufzulösen.
Dabei bezieht sich die Auseinandersetzung mit öffentlichen, historisch, geografisch oder sozial geprägten urbanen Räumen nicht nur auf die darstellende Kunst, sondern steht in enger Verbindung mit der bildenden Kunst (site specific work oder site specific art). Auch hier geht es um eine Überschreitung der musealen Räume hin zu Außenräumen, wodurch die Wirkung des Ortes (Licht, Position des Betrachtenden) auf das Kunstobjekt ein wesentlicher Bestandteil des Kunstobjekts selbst wird.
Die OZM Art Space Gallery Sternschanze in Hamburg ist ein schönes Beispiel dafür. Über eine Dekade entstand aus einer alten Fabrik mit vielen Künstlerinnen und Künstlern ein regelrechtes Gesamtkunstwerk. Die letzte Ausstellung “awesome” eröffnete am 24. Dezember 2017 und endete im März 2018 mit dem Abriss des Gebäudes.
Sogenannte „Lost Places“ eignen sich einfach gut für eine Wieder-Aneignung durch Kunst. Bzw. regen zu speziell für diese geschriebene Stücke an. Daraus entsteht sog.
Site specific theatre
“Site-specific theatre is any type of theatrical production designed to be performed at a unique, specially adapted location other than a standard theatre.” (No Drama Theatre on Facebook)
Die AkteurInnen lassen sich von dem Raum inspirieren und erschaffen ein auf ihn angepasstes, spezifisches Theaterstück, das sich die Gegebenheiten des Ortes zunutze macht. Damit ist der Raum essentieller Mitspieler und nimmt Einfluss auf Entstehung und Gestaltung von Handlungen und Texten.
Oft wird auch der Zuschauende involviert, gewissermaßen als Teil der Aufführung, und bewegt sich mit durch den Raum, während die herkömmliche Trennung von Bühne und Zuschauerraum aufgehoben ist.
Site specific theatre bewegt sich immer zwischen wirklichen und fiktiven Räumen bzw. inszeniertem oder tatsächlichem Tun. Die dadurch hervorgerufene Verfremdung schärft den Blick nochmal besonders für den Ort, z.B. für seine Funktion, seine historische Vergangenheit oder die kulturelle oder politische Bedeutung,
Der Raum als Ausgangspunkt der Inszenierung und wird zum Wesentlichen Teil des Stückes. Noch ein schönes Beispiel hier in Karlsruhe ist das Theater in der Orgelfabrik.
Welche Orte fallen Euch noch auf, die sich als Bühne für Kunst eignen?