Sprache und Sinn

Sprache und Sinn

Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
Johann Wolfgang von Goethe

Eine der zweifellos schwierigeren Aufgaben in der Improvisation ist es, den Inhalt vom Sinn zu trennen und nur den Klang zu betonen.

Oder auch Inhalte in eine neue sinnhafte Anordnung zu bringen.

Und als Krönung dies alles spontan zu meistern!

Gestaltung durch Sprache und Betonung

Ausgangspunkt ist ein einfacher Satz:

„Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.“

(Wie bitte? Na klar, üben wir gleich das geschlossene A mit.)

Betonen wir also nacheinander jedes Wort einzeln – welche Bedeutung ergibt sich?

Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.
Der Gasmann nahm im Hafen ein Bad.

So gelingt es, diesem einfachen Satz immer wieder einen anderen Sinn zu entlocken.

Nun nehmen wir die vorgegebenen Sätze und versuchen, die Situation so zu lenken, dass dieser Inhalt – passend oder klingend – sinnvoll ausgesprochen werden kann.

Gestalten von Handlung durch willkürlichen Inhalt

Ausgangspunkt sind folgende Sätze:

Zettel mit Wörtern

Probieren wir es:

  1. Du hast geweint.
  2. Gib her, du…
  3. Bist du davon überzeugt?
  4. Entschuldige dich.
  5. Wo warst du denn die ganze Zeit?
  6. Ich geh schon, ich geh schon.
  7. Setzen wir uns doch.
  8. Oh! Ich…
  9. Das ist aber wirklich komisch.
  10. Oh nein – es hat mir gefallen.

Welche Szene ergibt sich? Da zeigt sich doch direkt ein Sinn.

Eine andere Möglichkeit ist die Arbeit mit „Gromolo“, einer erfundenen Sprache ohne Sinn. Hier ist man sogar noch freier in der Ausgestaltung. (vgl. den Beitrag Gromolo? – Ick versteh nur Bahnhof.)

Improvisation für Fortgeschrittene

Doch noch eine Stufe komplizierter wird es, die Sätze ohne Konzept durcheinander zu mischen. Kurioserweise gelingt das am besten in der freien Improvisation, in der sich die einzelnen Sätze quasi aus der Handlung ergeben. Das bedeutet, dass die Art der Aussprache wichtiger wird als der konkrete Inhalt. (Zu diesem Thema vgl. auch den Beitrag „Wie soll ich das verstehen? – Arbeit mit Subtext“.)

Der springende Punkt ist: sich Zeit lassen/ nehmen, (Handlungs-)Angebote machen, Ideen des/der anderen annehmen, bestimmt und konzentriert bleiben während der Szene.

Das klingt wohl ganz nach den „goldenen Regeln“ der Improvisation!

Das kommt bestimmt auch noch. Und zwar hier!

Und warum das alles? Oft geht es nicht um die Worte selbst, sondern um die Art der Vermittlung. Ob wir unser Anliegen auch ohne Worte und nur mit Lauten und Gesten vermitteln könnten? Das denk ich doch sehr.

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