Klassiker sind veraltet?
Nicht doch!
Beweis?
Frage: Sie müssen Ihrem Chef klarmachen, dass er einen Fehler begangen hat. Wie stellen Sie das an? Wie reagiert der?
Antwort: König Lear lässt sich von einem zugewanderten Narren unterhalten. Neben anderen frechen und geistreichen Bemerkungen lässt der Hofnarr den König auch wissen, dass er mit der Machtübergabe an seine beiden Töchter einen Fehler begangen hat. Lear will das nicht wahrhaben, bestreitet es vehement und weist den dreisten Narren zurecht. (William Shakespeare, König Lear, I,4)
Frage: Sie fühlen sich absolut ungerecht behandelt und wollen sich jetzt vor der anderen, bevorzugten Person ins rechte Licht rücken. Was unternehmen Sie?
Edmund macht es so: Der uneheliche Sohn des Grafen von Gloster betrügt diesen heimtückisch. Edmund bringt ihn mithilfe gefälschter Briefe zu der Überzeugung, sein ehelicher Sohn Edgar wolle ihn ermorden lassen. (William Shakespeare, König Lear, I,2)
Das geht sogar mit Opern
Frage: Die Prüfung steht an, und du hast nicht mal das Minimum gelernt. Jemand bietet dir die Möglichkeit, unbehelligt an die Prüfungsfragen heranzukommen – gegen einen noch ungenannten „Gefallen“. Wie entscheidest du dich?
Max trifft die schlechtere Wahl: Er lässt sich darauf ein, mit dem Teufel persönlich Kugeln für einen wichtigen Schuss zu gießen. Doch am Ende muss er den schrecklichen Preis bezahlen. (Nein, tatsächlich schreitet vor dem ganz bösen Ende ein Mann Gottes ein 😉 ) (Carl Maria von Weber, Der Freischütz, 1. Akt)
Fazit
Dass Themen jahrhundertealter Werke bis heute aktuell sind, lässt sich mit diesem Prinzip leicht erkennen: Szenische Vorgaben, die sehr offen scheinen, doch genau auf den Kern der Konflikte und Aussagen des Werks zielen, werden erarbeitet und vorgestellt. Wenn es mehrere Gruppen gibt, sollten die Aufgaben im gleichen Wortlaut verteilt werden, denn die Ideen sind auf spannende Weise sehr unterschiedlich. Und so wirken alte Klassiker auf einmal wieder sehr modern.