Theater im Unternehmen? Unternehmenstheater!

Theater im Unternehmen? Unternehmenstheater!

Bringen wir die Begriffe „Unternehmen“ und „Theater“ zusammen, denken wir oft zuerst an tägliches Chaos, an unvorhergesehene Situationen, an die unzähligen Unwägbarkeiten im laufenden Betrieb.

Doch lassen wir uns einmal auf das Experiment ein, „Theater“ tatsächlich im Wortsinn zu nehmen, dann stellen wir fest, dass Unternehmenstheater ein sehr kraftvolles Instrument in der Personal‐ und Organisationsentwicklung ist, das Lern‐ und Veränderungsprozesse in Gang bringen und nachhaltig unterstützen kann.

Was genau ist Unternehmenstheater, und wie funktioniert es?

Unternehmenstheater – ein vielseitiger Begriff

Das Konzept „Unternehmenstheater“ wurde im deutschsprachigen Raum erstmals in den späten 80er Jahren entwickelt und ist erst seit der Jahrtausendwende auch Gegenstand wissenschaftlicher Diskurse um Einsatzvarianten und Wirkungen von Theater in Unternehmen. Seitdem hat sich Unternehmenstheater in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend verbreitet und zudem stetig weiter ausdifferenziert.

Heute versteht man unter Unternehmenstheater alle im Auftrag eines Unternehmens durchgeführten Maßnahmen, in denen Theaterelemente und ‐methoden eingesetzt werden: betriebsspezifische Inszenierungen, buchbare Theaterstücke und Shows aus dem Repertoire, Mitarbeitertheater, Mitspieltheater, Trainings, Coaching und Workshops mit theatralen Mitteln.

Betriebsspezifische Inszenierungen

Bei betriebsspezifischen Inszenierungen wird ein Stück ganz neu geschrieben und die Inhalte speziell auf das auftraggebende Unternehmen zugeschnitten. Es wird mit professionellen Schauspielern unter Anleitung eines Regisseurs einstudiert und für die Mitarbeiter des Unternehmens aufgeführt. Die Inhalte bestimmen dabei die Unternehmen. Diese Form von Unternehmenstheater braucht eine gute Vorarbeit, um die Inszenierung und die Zielrichtung auf das Unternehmen maßschneidern zu können.

Buchbare Theaterstücke

Buchbare Theaterstücke und Shows aus dem Repertoire sind komplette Stücke zu bestimmten firmenrelevanten Themen. Das Seminarkabarett „Morgengruß trifft Dinnerflair“ des Unternehmenstheaters Karlsruhe  beispielsweise verknüpft collagenartig diverse Szenen zum Thema „Kommunikation im Unternehmen“ in einem sinnfälligen Rahmen. Hier sind sogar Mischformen möglich, bei denen betriebsspezifische Besonderheiten in das szenische Baukastensystem einfließen können.

MitarbeiterInnentheater

Beim Mitarbeitertheater stehen die Mitarbeiter eines Unternehmens selbst auf der Bühne. Unter professioneller Anleitung entwickeln sie gemeinsam eine eigenständige Inszenierung von der Themenwahl über das Schreiben des Textbuches bis hin zur Premiere. Der Wirkungsschwerpunkt liegt dabei bei den Spielern, oft Auszubildenden, aber auch Teams.

Charakteristisch für das Mitspieltheater ist, dass es keine klare Trennung von Schauspielern und Publikum mehr gibt. Jeder Zuschauer kann unter Anleitung eines Spielleiters und einer angemessenen Vorbereitung auf der Bühne aktiv werden. Hier werden oft Elemente des Forumtheaters nach Augusto Boal eingesetzt. Forumtheater ist eine handlungsorientierte Theaterform, in der die Mitarbeiter alternative Handlungsweisen zu einer ausgewählten Szene vorschlagen und im weiteren Verlauf selbst erproben und diskutieren können (s.a. den Beitrag zum Forumtheater in „Augusto Boal und seine Theaterformen“).

Fortbildungen und Seminare

Techniken, die ein Schauspieler auf der Bühne einsetzt, um eine Rolle glaubhaft zu verkörpern, sind hervorragend für die Entwicklung von Präsenz und eigenem Auftreten geeignet und können in Trainings, Coaching und Workshops vermittelt werden. Das kommunikative Handwerkszeug prägt sich den Teilnehmenden durch das aktive Proben nachhaltig ein. Seminare mit theatralen Methoden zielen meist in Richtung Körpersprache, Gestik, Mimik, Stimme/ Sprache, Rhetorik und  Präsentation.

Hier zeigt sich auch die Bedeutung von Theatermethoden als Werkzeug zur Kompetenzförderung, ein ganz entscheidendes Argument für den Einsatz von Unternehmenstheater im Betrieb.

Unternehmenstheater als Lernform

Fortwährendes Lernen ist das Stichwort, wenn es darum geht, wechselnde Arbeitsbedingungen und berufliche Herausforderungen zu meistern. Und am besten lernt der Mensch, wenn beide Gehirnhälften angesprochen werden und die emotionale Beteiligung an Denkprozessen hoch ist.

Theaterarbeit als Baustein der Personalentwicklung eignet sich daher ganz besonders gut für nachhaltige Lernprozesse. Es wirkt kommunikativ und integrierend, anregend und motivierend, Horizont erweiternd und Kreativität fördernd.

Darüber hinaus verfügen Theaterelemente über die Vorteile des unmittelbaren Erlebens und der Beteiligung der Emotionen. Neue Lösungen, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Talente können über den kreativ-handlungsorientierten Ansatz entdeckt werden.

Der Einsatz innovativer und kreativer Methoden in der Weiterbildung kann sich direkt auf das Arbeitsklima und die betrieblichen Prozesse auswirken. Damit dient Unternehmenstheater schließlich der Förderung der gesamten Unternehmenskultur.

Lernen der besonderen Art: Seminarkabarett

Das Seminarkabarett, entwickelt vom Unternehmenstheaters Karlsruhe, basiert auf einem theoretisch‐künstlerischen Seminarkonzept, in dem klassische Seminarelemente mit szenischen Schauspielmodulen verknüpft werden.

In anschaulichen, humorvollen Szenen stellen die Akteure verschiedene Situationen zum jeweiligen Thema in zugespitzter Weise dar. Danach lassen sie das Publikum selbst an der Veränderung der Situationen teilhaben, und in angeleiteten Übungen für die ganze Gruppe können die Teilnehmer ihre persönliche Kommunikation selbst erproben.

Das Seminarkabarett als Methode bietet damit eine optimale Plattform für nachhaltiges Lernen.

Literatur

  • Biehl‐Missal, Brigitte, Wirtschaftsästhetik. Wie Unternehmen die Kunst als Inspiration und Werkzeug nutzen, Wiesbaden 2011
  • Funcke, Amelie / Havermann‐Feye, Maria, Training mit Theater: Wie Sie Theaterelemente erfolgreich ins Training bringen, Bonn 2004
  • Schreyögg, Georg/ Dabitz, Robert (Hg.), Unternehmenstheater. Formen – Erfahrungen ‐ Erfolgreicher Einsatz, Wiesbaden 1999
  • Teichmann, Stefanie, Unternehmenstheater zur Unterstützung von Veränderungsprozessen. Wirkungen, Einflussfaktoren, Vorgehen, Wiesbaden 2001
  • Unternehmenstheater Karlsruhe, Stücke zur Aufführung frei, https://www.unternehmenstheater-karlsruhe.dramaka.de/

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