Das Prinzip der Bühne – Body Language Quick Guide
Gut, wenn man vom Theater kommt – dann sind manche Dinge selbstverständlicher und müssen nicht mühsam neu erarbeitet werden.
So verhält es sich auch mit der Körpersprache.
Erfreulicherweise gibt es dabei ein einzelnes, einfaches Bühnenprinzip, das man sich nur ordentlich einprägen muss, dann hat man fast schon alles darüber gelernt.
Neugierig?
Das Prinzip der Bühne
Für ein paar Vorüberlegungen füge ich hier einmal eine Folie aus einem frühen Grundlagenvortrag zum Thema ein. Stellen wir uns eine Bühne mit Darstellerin und Publikum vor und gleich daneben ein Gespräch zwischen zwei Personen.
Die linke Seite ist relativ selbsterklärend – eine Darstellerin steht auf der Bühne und spielt vor Publikum, bestehend aus einzelnen Individuen, welche wiederum durch ihre gemeinsame Rolle als „Publikum“ sowohl zu ihr auf der Bühne als auch untereinander als „Gleiche“ in Beziehung stehen (durch Lachen, Erstaunen, Beifall etc.).
Rechts übertrage ich dieses Prinzip auf ein Gespräch unter zwei Personen – jeweils eine steht auf der Bühne, der andere ist Zuschauer. Diese Konstellation wechselt permanent.
Der Austausch gelingt allerdings nur dann, wenn die Rollen auch tatsächlich wechseln – der Zuschauer wird zum Akteur, die Gesprächspartnerin wird zur Zuschauerin. Ansonsten redet nur einer, es erfolgt keine Kommunikation.
Körpersprachliche Zeichen
In meinen Kursen habe ich die Teilnehmenden sehr oft untersuchen lassen, welche Aussagen sich über bestimmte körpersprachliche Zeichen treffen lassen. Und jedes Mal waren die Beobachtungen mehrschichtig, niemals gab es nur eine einzelne Interpretation für die nonverbalen Hinweise. Hier geht es zum Fragebogen.
Eine Annahme jedoch hat sich immer wieder bestätigt – die überzeugende Wirkung von offener und geschlossener Haltung.
Jede Haltung, Gestik, Mimik, Position im Verhältnis zu anderen Personen und im Raum, die dem Publikum/ dem Gesprächspartner zugewandt, d.h. offen ist, fördert die Kommunikation. Dieses Ziel verfolgt man i.d.R. in den hunderttausend Kursen zu nonverbaler Kommunikation.
Eine geschlossene, d.h. dem Gegenüber eher abgewandte Haltung, erschwert die Kommunikation mit der Gesprächspartnerin. Zuweilen kann das sehr subtil ablaufen, eine kleine Drehung des Körpers, eine unbewusste Wendung des Kopfes mit feiner Veränderung des Blickwinkels – man dringt nicht so gut durch.
So kommen wir wieder auf das Prinzip der Bühne zurück: alles, was gut zu sehen ist (und laut zu hören übrigens), erfüllt das Ziel gelungener Kommunikation durch Körpersprache.
Offene und geschlossene Haltung
Samy Molcho, israelischer Pantomime und Autor zahlreicher Körpersprache-Lehrbücher, erklärt dieses Prinzip so:
Kann man von Grundreaktionen des Körpers sprechen?
Wir können von Grundreaktionen ausgehen. Nehmen wir als Beispiel die einfachsten Formen von Bewegungen: offene und geschlossene. Die offenen Bewegungen stellen sich immer dann ein, wenn wir einen positiven Reiz empfinden: Ich öffne mich der Welt gegenüber, denn ich habe weder etwas zu verbergen noch etwas zu befürchten. Als würden die Fenster und Türen meines Herzens weit aufgemacht und ich habe keine Angst vor Dieben oder ungebetenen Zuschauern. Auf unseren Körper bezogen heißt das: die Haut entspannt sich, die Arme gehen weit auseinander. Ich habe nicht das Bedürfnis, meinen weichen Bauch oder meinen Oberkörper zu schützen, indem ich die Oberarme als Barrieren benutze. Meine Bewegungen sind fließend. Unbeweglichkeit signalisiert eine Hab-acht-Stellung, das Gegenteil von Offenheit. Die Arme bewegen sich schützend vor dem Körper.
Wie zeigt sich diese Offenheit?
Ein gutes Merkmal sind die nach oben gewendeten Handflächen. Denn ganz selten heben wir die Arme oder breiten sie aus, wenn unsere Handflächen nach unter zeigen. Drehe ich die Handflächen aber nach außen und setze die Bewegung fort, werden die Arme automatisch nach oben und vom Körper weg geführt. Ich zeige mich ungeschützt und signalisiere, dass ich keine Angst vor meiner Umgebung habe. Der Brustkorb öffnet sich. Er schiebt sich dabei nicht nach vorn, sondern zeigt sich dem Partner offen. Die Lungen können frei atmen, und ich kann mich zu voller Breite entfalten.
Ist das Einnehmen der vollen Breite auch ein Zeichen von Angstfreiheit?
Ja, und ein Zeichen des Wohlbefindens, das auf den anderen ausstrahlt. Es sei denn, einer breitet sich auf Kosten des anderen aus. Babys, die etwas Süßes bekommen, lächeln gewöhnlich, und schon beim Lächeln weitet sich das Gesicht. Auch die Arme werden ausgebreitet. Schmecken sie etwas Saures, zieht sich die Gesichtsmuskulatur zusammen: das erste Signal für eine Fluchtbewegung.
Zu den Grundreaktionen des Körpers gehören neben den offenen Bewegungen natürlich auch die geschlossenen. Wie sehen die aus?
Zuerst zieht sich die Haut zusammen. Strafft sich die Haut, tut es auch die Muskulatur, und das heißt, dass sich meine Bewegungsfähigkeit reduziert. Der Bauch wird eingezogen, als versuchte ich mit dem Rücken den weichen Bauch zu schützen, als könne mein Rücken sich ausdehnen wie der einer Schildkröte. Die Brust zieht sich zurück, die Arme schützen die Körpermitte, der Kopf wird eingezogen und die Knie an den Körper gezogen.
Das klingt nach archaischem Verhalten. Gibt es dafür Beispiele?
Wir brauchen nur ein Tier zu beobachten, zum Beispiel einen Affen, der sich Futter holt. Er nimmt das Futter an die Brust und macht den Körper rund, weil der Rücken am besten dagegen schützt, dass ihm die Beute genommen wird.
in: Molcho, Samy, Alles über Körpersprache, München 2001, S. 14f.
Niemals mit dem Rücken zum Publikum?
Im Schultheater lernt man: „Spiele niemals mit dem Rücken zum Publikum.“ Für Anfänger ist das eigentlich schon richtig, weil diese zuweilen dazu neigen, sich hinten im Eck zu verkriechen und leise die Bühnenrückwand anzusprechen.
Doch Vorsicht! Als grundsätzliches Prinzip – und dies als notwendige Ergänzung zum vorher Gesagten – taugt das überhaupt nicht.
Denn es gibt höchst interessante, geheimnisvolle, kokette, hinterlistige Momente, die sich im Verstoß gegen dieses Prinzip, also bewusst mit dem Rücken zum Publikum, zeigen lassen – vielleicht sogar mit hinter dem Rücken verschränkten Händen oder halbgeneigtem Kopf?
Zum Schluss eine einfache Zusammenfassung für den Alltagsgebrauch:
Body Language Quick Guide
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Good luck and viel Erfolg!